Der Frosch und der Ozean

Der Frosch und der Ozean

20. Dezember 2022

 

Liebe Leserinnen und Leser

 

«thinking out oft the box» – unter diesem Motto steht der Text von Regula Portillo, den ich Ihnen zum Jahresende zukommen lassen möchte. Ein Motto, das auch gut zu meinem Berufsalltag und Beratungsangebot passt, wo ich verstärkt versuche, Synergien zu nutzen zwischen medizinischem, psychologischem und energetischem Wissen. Denn Energiearbeit fördert die Selbstheilungskräfte, lindert Symptome und löst Blockaden. Selbst Klientinnen und Klienten, die Energiearbeit anfangs skeptisch gegenüberstehen, sprechen von besserem Wohlbefinden und unerwarteten Perspektiven, die sich ihnen plötzlich auftun.

 

 

In diesem Sinn wünsche ich Ihnen frohe Festtage und viele neue Perspektiven fürs kommende Jahr!

 

Herzlich,

Viviane Bader-Mäder

 


Der Frosch und der Ozean

 

 

Bestimmt kennen Sie den Ausdruck «thinking out oft the box». Die Redewendung gibt es so ähnlich auch auf Deutsch, «über den Tellerrand oder die eigene Nasenspitze hinausblicken» heisst es da – oder im Japanischen «der Frosch im Brunnen kennt den Ozean nicht.» Dazu fällt mir eine Geschichte ein: Neulich fuhr ich mit der Familie zum Skifahren. Am Skiort angekommen, stellte ich fest, dass ich meine Jacke zuhause vergessen hatte. Es schneite und war kalt, nur im Wollpullover auf die Piste zu gehen, war keine Option. Also suchte ich den Sportladen am Dorfeingang auf, erklärte meine Situation und fragte, ob neben Ski und Snowboards auch Jacken vermietet werden würden. Die Verkäuferin schüttelte bedauernd den Kopf und gemeinsam suchten wir die Jacken im Ausverkauf nach meiner Grösse ab. Nichts passte – und was möglicherweise gepasst hätte, kostete viel Geld. Da sagte die Verkäuferin: «Ach wissen Sie was, ich leihe Ihnen meine Jacke.» Bevor ich richtig verstanden hatte, was sie damit meinte, verschwand sie auch schon hinter der Kasse und streckte mir kurz darauf ihre teure Outdoorjacke entgegen. Damit würde ich bestimmt nicht frieren, sagte sie, und wünschte mir einen schönen Tag. Die Jacke passte wie angegossen. Sprachlos und gleichermassen verblüfft wie gerührt verliess ich das Sportgeschäft. Verblüfft, weil eine Sportartikelverkäuferin normalerweise Sportartikel verkauft und nicht aus freien Stücken die eigene Jacke hergibt – und noch weniger, wenn ihr eine sichere Käuferin gegenübersteht. Gerührt, weil die Verkäuferin, die weder meinen Namen noch meine Absichten kannte, mir offenbar einfach zu vertrauen schien. Eine Garantie dafür, dass sie ihre Jacke je wiedersehen würde, hatte sie nicht – und schien sie auch gar nicht zu wollen.

 

Hin und wieder in die Weite des Ozeans zu tauchen, beziehungsweise bewusst ver-suchen, alte Denkmuster abzulegen und neue Perspektiven einzunehmen, scheinen mir gute Vorsätze fürs neue Jahr. Übrigens: Die Jacke habe ich nach dem Skitag

natürlich zurückgebracht. Und sollte ich mir einmal eine Neue kaufen, weiss ich auch schon wo.


Regula Portillo (* 1979) lebt und arbeitet als Texterin und Autorin in Bern. Für ihren zweiten Roman Andersland (2020) erhielt sie den Literaturpreis des Kantons Bern. www.regulaportillo.com